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Brief aus Brüssel an KoalitionsverhandlerInnen: Asylagentur missachtet EU-Recht!

9. Dezember 2019

Europäischer Flüchtlingsrat ECRE warnt Österreich vor der Umsetzung des Kickl-Gesetzes

Wien (OTS) – Pünktlich zum Tag der Menschenrechte hat der Innenminister am Freitag Geschäftsführung und Aufsichtsrat der neuen Bundesagentur für Asylrechtsberatung und Unterbringung Geflüchteter während des Asylverfahrens bestellt. Der NGO Verbund #FairLassen bekräftigt hinsichtlich des BBU-Gesetzes seine rote Linie: „Die operative Rechtsberatung muss durch nichtstaatliche Akteure ausgeführt werden“.

Auch der europäische Flüchtlingsrat sendet jetzt ein deutliches Signal an Österreich. In einem direkten Schreiben an alle RegierungsverhandlerInnen von Schwarz und Grün warnt ECRE vor zu erwartendem Ungemach vor dem EUGH:

„Es ist fraglich ob die Einschränkung des Zugangs zu unabhängiger Rechtsberatung mit europarechtlichen Vorgaben und der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zum Nexus zwischen dem Zugang zum Rechtsschutz und dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf im Einklang steht“, so ECRE im Schreiben (Download http://bit.ly/2scqAxS (deutsch) http://bit.ly/36i2L6l (english)).

ECRE hat in den letzten Monaten aufmerksam die Entwicklungen in Österreich verfolgt. „Das allein schon ist bemerkenswert, da sich ECRE grundsätzlich mit jenen europäischen Staaten beschäftigt, wo die Rechte von Geflüchteten missachtet werden“, betont Lukas Gahleitner von der Asylkoordination, der auch für die Initiative #FairLassen spricht.

ECRE warnt vor Umsetzung der Bundesagentur

Der europäische Flüchtlingsrat kritisiert dabei besonders den Ausschluss der Zivilgesellschaft. Dazu meint ECRE: „Der Ausschluss von nichtstaatlichen Akteuren, die potenzielle Fehler oder Fehlentscheidungen korrigieren können, ist kontraproduktiv und erschafft ein völlig auf sich selbst bezogenes und intransparentes System.“

Europäische Gerichte würden mit Sicherheit zwei Punkte an der Neuregelung kritisieren bzw. als EU-rechtswidrig einstufen:

  1. Die Abschaffung der Unabhängigkeit der Rechtsvertretung in 2. Instanz: Dazu ECRE wörtlich: „Die Errichtung einer Bundesagentur für die Durchführung der Rechtsberatung in zweiter Instanz führt zu erheblichen Bedenken bezüglich der Grundsätze der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit.“ Und weiter: „ECRE ist der Ansicht, dass staatliche Versorgungssysteme keinerlei politischer Einflussnahme ausgesetzt sein dürfen, und dass die Rechtsberatung ausschließlich den Interessen der Asylwerber dienen muss.“
  2. Den Verlust des Zugangs zu Rechtsschutz und zum Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf im Sinne von Artikel 47 der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Das Bündnis #FairLassen

Das Bündnis #FairLassen besteht aus über 30 NGOs aus den Bereichen Asyl, Menschenrechte, Gesundheit und EZA. Die öffentliche Petition für eine unabhängige Rechtsberatung im Asylverfahren wird von vielen Fachleuten aus dem Bereich Recht mitgetragen und steht derzeit bei 10.000 Unterschriften. Sie kann hier unterschrieben werden: https://www.fairlassen.at/petition/

Wer ist ECRE?

Der Europäische Rat für Flüchtlinge und im Exil lebende Personen (ECRE) ist ein europäisches Bündnis in dem 104 Nichtregierungsorganisationen aus 41 Europäischen Ländern vertreten sind, die die Rechte von Flüchtlingen, Asylsuchenden und Vertriebenen in Europa und in Europas Außenpolitik schützen und fördern.