Mit der Neuordnung des Asylsystems durch die Bundesagentur für Betreuung und Unterbringung (BBU) verschärft sich die Tendenz, Asylwerber*innen immer mehr zu isolieren. Statt Geflüchtete zügig zu den Asylverfahren zuzulassen und in Grundversorgungsquartiere zu überstellen, dauert der Aufenthalt in den Lagern des Innenministeriums immer länger.
Immer mehr Menschen landen in großen Lagern, die oftmals weit abseits von Ballungszentren liegen.
Tausende Menschen in Österreich haben ihre Jobs verloren, mussten versuchen, den langsam verstreichenden Tagen eine Struktur zu geben, fanden sich plötzlich mit ihrer Familie isoliert, wurden im Park oder auf der Straße von der Polizei kontrolliert, und wir alle müssen uns immer noch in Geduld üben, bis aus den „Lockerungen“ endgültig Normalität wird.
All das sind Erfahrungen, die Geflüchtete ständig machen müssen.
Bis 2015 war die Unterbringung von Geflüchteten in Österreich relativ klar organisiert: Es gab zwei Erstaufnahmequartiere. Das große Traiskirchen, das viel kleinere Thalham und zwei weitere, ganz kleine, ebenfalls vom Innenministerium geführte Unterkünfte in Bad Kreuzen und Reichenau an der Rax.
Doch dann kam die Unterbringungskrise 2015 und das Innenministerium baute viele zusätzliche Quartiere mit unterschiedlichen Funktionen: sogenannte „Verteilerquartiere“, Quartiere für Jugendliche, Quartiere für Menschen mit erhöhtem Betreuungsbedarf, Rückkehrberatungs-Quartiere.
Die Folge: Immer weniger Asylsuchende wurden in die Bundesländer weitergeschickt, wo sie meist von NGOs und privaten Anbietern im Auftrag der Landesregierungen versorgt und betreut wurden. Zu diesen von den NGOs geführten Unterkünften hatte die Zivilgesellschaft immer Zutritt. Zu den vom Innenministerium geführten, nicht.
Unzählige Initiativen von Freiwilligen sind entstanden. Sie haben Deutschkurse organisiert und sich auf vielfältige Weise engagiert. Sie konnten sich aber nur in den NGO-betreuten Landesquartieren engagieren.
Das ist in Zukunft in Gefahr: Die neu geschaffene Bundesbetreuungsagentur (BBU) übernimmt sämtliche Bundesquartiere vom Innenministerium. Immer mehr Menschen werden in den Bundesquartieren landen und kaum noch jemand in einem Landes- oder NGO-Quartier.
Diese Neuordnung ist insbesondere problematisch, da die Bundesagentur ein geschlossenes System ist, zu der die Zivilgesellschaft potenziell keinen Zugang mehr haben wird.
Folgende Quartiere, oder besser Lager, befinden sich derzeit in der Zuständigkeit des Innenministeriums.
Die Initiative #FairLassen setzt sich aus zahlreichen NGOs und zivilgesellschaftlichen Zusammenschlüssen zusammen, die langjährige Erfahrung in der Betreuung und Unterbringung geflüchteter Menschen haben. Diese Erfahrung und Expertise findet sich in unserer Vision über eine Neuordnung der Grundversorgung in Österreich.
In allen Unterbringungsformen ist die Betreuung und Mitwirkung von NGOs und Zivilgesellschaft ein essenzieller Mehrwert, um die Qualitätsstandards einhalten zu können und damit Integration als Prozess des Näherkommens von geflüchteten Menschen und der Aufnahmegesellschaft befördern zu können.
Insgesamt führt die Fokussierung auf abgeschlossene oder weit abgelegene Einrichtungen dazu, dass Geflüchtete immer längere Perioden in Isolation zubringen müssen. Dazu kommen verschiedene Formen der behördlichen Bewegungseinschränkung bis hin zu Schubhaft.
Ziel dieser Einschränkungen ist es einerseits, in kritischen Phasen des Verfahrens jederzeit Zugriff auf die AsylwerberInnen zu haben, andererseits möglichst den Kontakt mit der österreichischen Zivilgesellschaft zu unterbinden.
Menschen, die ausreisepflichtig sind, werden aus ihrer gewohnten Umgebung herausgerissen, in sehr dezentralen Unterkünften untergebracht und eher rudimentär versorgt und betreut. Auf besondere Bedürfnisse wird wenig Rücksicht genommen. Auch Kinder und Jugendliche werden immer wieder dort untergebracht und somit aus ihrem schulischen Umfeld gerissen.
Die weitere Ausgestaltung der Grundversorgung im Rahmen der BBU ist derzeit noch nicht endgültig definiert. Potenziell ist eine weitere Abschottung zwischen geflüchteten Personen und der Aufnahmegesellschaft möglich, ein Ende von NGO-geleiteten Grundversorgungseinrichtungen ist denkbar.
Diesen Zugang zum Thema, der einem Sicherheitsdogma folgt, steht in krassem Widerspruch zu dem Menschenrecht auf Asyl.
Unabhängig davon, ob Landes- oder Bundesbetreuung, muss sich die Unterbringung am Betreuungsbedarf der geflüchteten Personen orientieren.
Wir setzen uns dafür ein, dass Grundversorgungsstandards zukünftig gesetzlich verankert werden.
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